Während die unheiligen Zwillinge SOPA/PIPA weltweite Proteststürme entfacht haben wurde letztes Jahr von der EU ACTA angenommen
und soll diese Woche von Österreich unterzeichnet werden.
Diese Entwicklung ist kennzeichnend für zwei Probleme: Erstens die Schlitzohrigkeit der Politiker, lieber im Stillen den Pfad
des geringsten Widerstandes zu gehen, in Kombination mit der Bequemlichkeit der Bürger. Nichts Neues also.
Ein Problem noch größerer Tragweite in Bezug auf die künftige, ungehinderte Entwicklung digitaler Grundlagen der Kultur und
Gesellschaft ist jedoch, dass zwar die überalterte Contentindustrie eine Lobby hat, deren Opponenten (von Vertretern neuer
Geschäftsmodelle über Entwickler bis zu simplen Nutzern digitaler Dienstleistungen) jedoch nicht. Es wäre hoch an der Zeit,
zu akzeptieren, dass die Contentindustrie die technische Entwicklung (zu recht) als existenzbedrohend wahrnimmt (verschuldet
allerdings nicht durch überhand nehmende Piraterie sondern durch eigene Unfähigkeit zur Adaption) und aus diesem Grund mit
aller Gewalt auch weiterhin versuchen wird, ihre Vorstellungen restriktiver Gesetze durchzudrücken.
Dagegen im Sinne einer freien Gesellschaft erfolgreich vorzugehen heisst, Themenführerschaft zu übernehmen und eigene Gesetzesentwürfe
einzubringen, die das Schicksal dieser überalterten Geschäftsmodelle besiegeln, den Konsumenten wie auch Vertretern aktuellerer
Verfahren zur Verteilung Mühe und Geld sparen und die Tore für eine an Konsumentenbedürfnissen orientierten Serviceindustrie
öffnen.
Es wird Zeit, klare Gegenforderungen zu formulieren und auch Geld für eine eigene Lobby in die Hand zu nehmen. Ad Hoc Proteststrukturen
werden auf Dauer nicht funktionieren (wenn wieder einmal der Fischereiausschuss über Softwarepatente in der EU abstimmt),
eine dauernde Vertretung in Brüssel sowie gegenüber nationalen Regierungen ist notwendig.
Sonst steht zu befürchten, dass es nach dem immer gleichen Muster weitergeht: Viel fordern, bei Protest ein paar Sachen rausstreichen
-- und im Endeffekt doch die Hälfte der Forderungen durchbringen. Kein schlechter Schnitt... Aber das lässt sich genauso umgekehrt
anstellen.
Erste Vorschläge: *) Verbot von DRM und ähnlichen Massnahmen. *) Klagen wg. Copyrightverletzung nur nach Hinterlegung der potentiellen Schadenssumme des Beklagten um im Falle der Abweisung
Schadenersatz leisten zu können (und willkürliche Klagen zur Einschüchterung zu verhindern) *) Explizites und dauerhaftes EU-weites Verbot, Softwarepatente und ähnliche Regelungen einzuführen *) Monatliches Freibier-Kontingent für alle (OK, darüber kann man noch verhandeln)