Offener Brief an Hr. Mag. Othmar Karas

Von Wolfram Saringer
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S.g. Hr. Abgeordneter Mag. Karas,

da Sie als Vertreter Österreichs im EU-Parlament sitzen darf ich mich in einer mich auch persönlich betreffenden Angelegenheit an Sie wenden und ersuche Sie, in der anstehenden Abstimmung über das Anti Counterfeitung Trade Agreement am 4. Juli gegen dieses zu stimmen.

Das Prozedere des Zustandekommens spricht jedes demokratischen Begriffes Hohn: Verhandlungen unter strengster Geheimhaltung, der Versuch, mit einer raschen Abstimmung dieses zur Tatsache zu erklären werfen, wie die Argumentation seiner Proponenten, bereits bereits ein schlechtes Licht auf dieses Abkommen.

Der Umgang mit den von Hunderttausenden in ganz Europa getragenen Protesten ist ein weiteres Indiz, dass hier Klientelpolitik betrieben wird: beschwichtigende Worte ohne auf inhaltliche Kritik einzugehen, gebetmühlenartige Beschwörung der (nicht vorhandenen) Transparenz, Verzögerungstaktik um dann den Fischereiausschuss durchwinken zu lassen etc. -- wenn ACTA eine positive Auswirkung hat, dann die, dass erstmals eine breite Masse geschlossen dagegen vorgeht.

Inhaltliche Kritik wird Ihnen bereits zu Ohren gekommen sein, ich möchte die Punkte nicht im einzelnen erneut iterieren. Insgesamt sehe ich mich durch die schwammigen Formulierungen dieses Abkommens, die Bezug nehmen auf nach wie vor geheim gehaltene Verhandlungsprotokolle, von einer kartellartigen Medienindustrie gegängelt und in meinen Rechten als zahlender Konsument eklatant beschnitten. Das Abkommen dient einzig dazu, bestehendes, überholtes Urheberrecht zu zementieren und die Entwicklung neuer, kundenfreundlicherer Dienste zu behindern.

Ich denke nicht, dass das ein Weg ist, mit digitalen Kopien umzugehen: viele der nicht lizensierten Angebote leben ausschliesslich aufgrund mangelnder Kompetenz der Rechteinhaber und deren Unfähigkeit bzw. Unwillen, von einem Markt bestimmte Preise und Services zuzulassen.

Insgesamt bleibt zu sagen, dass sich weder ÖVP noch EPP im Umgang mit ACTA (oder auch Vorratsdatenspeicherung) mit Ruhm bekleckert haben. Helfen Sie, dieses negative Image zu korrigieren, indem Sie gegen ACTA stimmen. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit des EU Parlaments als Kontrollinstanz.

Abschliessend darf ich Sie bitten, mir Formbriefantworten oder fertige Textbausteine zu ersparen -- auch ich habe mir die Zeit genommen, diesen Text neu zu verfassen. Ich behalte mir die Veröffentlichung (inkl. Ihrer Antwort) aufhttp://plak.at/sowie anderen Plattformen vor.

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfram Saringer.